Verbesserte Haltung von Raubtieren in Zoos weltweit
Ein längeres Leben und mehr Erfolg bei der Aufzucht von Jungtieren
Umfassende Auswertung belegt fortwährende Verbesserung der Haltung von Raubtieren in Zoologischen Gärten weltweit
Die Lebenserwartung und der Erfolg bei der Aufzucht von Jungtieren von in Zoos gehaltenen Raubtieren hat sich in den letzten 70 Jahren über alle untersuchten Familien hinweg deutlich erhöht. So hat sich der Anteil der Tiere, die ein bestimmtes, artspezifisches Alter erreicht haben, bei der Mehrzahl der Arten fast verdoppelt. Dies zeigt eine nun veröffentlichte Auswertung der durch die weltweite Zoogemeinschaft gesammelten und durch die internationale Organisation „Species360“ verwalteten Daten der 95 am häufigsten in Zoos gehaltenen Arten. „Die Ergebnisse unserer Analysen zu den Lebensdaten von weltweit mehr als 160.000 in den letzten sieben Jahrzehnten gehaltenen Raubtieren belegen die Verbesserung des Haltungserfolges in den Zoos“, erläutert Dr. Marco Roller, Zootierarzt im Zoologischen Stadtgarten Karlsruhe und einer der Autor*innen der Studie.
„Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Haltung und Pflege unserer Tiere ist selbsterklärtes Ziel der internationalen Zoogemeinschaft“, betont Dr. Dennis Müller, Zoodirektor im Zoologischen Garten Halle und Mitautor. „Unsere Auswertung belegt ganz deutlich, dass wir mit unseren Anstrengungen bei der Erreichung dieses Ziels auf dem richtigen Weg sind.“ „Eine Tierart, bei der man diese erfreuliche Entwicklung ganz deutlich sieht, sind die Kleinen Pandabären (Ailururs fulgens), die wir auch bei uns im Zoo Magdeburg seit dem Jahr 2015 erfolgreich pflegen. Zwei Jungtiere sind gesund aufgewachsen, berichtet der Magdeburger Zoo-Geschäftsführer Dirk Wilke. Überlebte noch in den siebziger Jahren nur jedes zweite Jungtier der Kleinen Pandas das erste Lebensjahr, sind es heute knapp 75 Prozent der Jungtiere, die erfolgreich großgezogen werden. „Der weiterhin zunehmende Haltungserfolg bei den Tigern (Panthera tigris) zeigt ganz deutlich diesen generellen Trend. Erreichte in den 50er Jahren nur jeder dritte in einem Zoo geborene Tiger ein Alter von 13 Jahren, sind es heute 70 Prozent. Seit 1974 gehörten 54 Sibirische Tiger zum Tierbestand im Zoo Magdeburg, davon gab es ab den 80er Jahren bis heute neun Jungtiere, die aufwuchsen. Die vierjährige Tigerin Stormi bekommt voraussichtlich noch in diesem Jahr im Rahmen des Europäischen Zuchtprogramms (EEP) einen Partner, sodass erneut in Magdeburg eine Tigerzucht aufgebaut werden kann. Der Zoo Magdeburg ist in 65 Erhaltungszuchtprogrammen der European Association of Zoos and Aquaria (EAZA) aktiv.
“Zoos sind etwas Besonderes”, sagt Marcus Clauss von der Universität Zürich und einer der Autor*innen. “Menschen halten Hunde, Katzen, Kaninchen oder Goldfische als Haustiere – aber weiß jemand, wie alt die im Durchschnitt werden? Wo kann man nachschauen, wie alt unsere Milchkühe werden? Zoos haben sich vor langer Zeit verpflichtet, die Lebensdaten ihrer Tiere kontinuierlich in einem gemeinsamen Archiv zu sammeln, und das bedeutet, dass sie Langzeit-Trends beobachten können – wie den in unserer Studie. Nur wer dokumentiert, kann schauen, ob er sich verbessert.“ Die Studie erschien nun in der wissenschaftlichen Zeitung „Zoo Biology“ und ist auf deren Homepage unter https://onlinelibrary.wiley.com/journal/10982361 für Interessierte frei zugänglich.
Zitat: Roller M, Müller DWH, Bertelsen MF, Bingaman Lackey L, Hatt J-M, Clauss M (2021) The historical development of juvenile mortality and adult longevity in zoo-kept carnivores. Zoo Biology doi 10.1002/zoo.21639